Wie lange hält eine Ehe bzw. Partnerschaft?

Wie lange hält eine Partnerschaft?

„Viele Menschen vertreten den Standpunkt, in der Liebe müßten sich die Partner ‚von selbst‘ finden und wenn es richtig dabei zugehe, sei auch die darauf begründete Ehe ‚in Ordnung‘. So sprechen die Idealisten und Optimisten, – meistens Leute, die nicht aus eigener Erfahrung ‚wissen‘, sondern von der Höhe ihrer ‚Ethik‘ oder ihrer ‚Überzeugung‘ herab dozieren. Die Materialisten wieder sagen, es fänden sich die Charaktere innerhalb einer Ehe schon richtig zueinander, wenn nur die wirtschaftlichen Voraussetzungen vorlägen, die Zweifler halten jede gute Ehe für einen ‚Zufallstreffer‘ und die Pessimisten negieren überhaupt die Möglichkeit einer guten Ehe.“

Willy Bernert aus „Ehe und Handschrift“ (1948, S. 45)

Dieses Zitat stammt aus dem Jahre 1948 von einem Graphologen, der seine Methode der Eheberatung in einem Buch niederschrieb. Auch heutzutage ist das Problem der „Haltbarkeit“ einer Partnerschaft nicht gelöst und es existiert eine Fülle an Büchern zum Thema inklusive wissenschaftlicher Studien über die Liebe verpackt in unterhaltsamer Sachbuchliteratur (vgl. „Suche kochenden Betthasen“ von Jule Specht).

Wie geht Bernert vor? Er gibt keine „allgemeine Anweisung zum ehelichen Glück“. Vielmehr beleuchtet er seine Methode anhand der unglücklichen Ehe. Warum? Die Eheberatung sei ja stets die „Folgeerscheinung geringer Eheharmonie“ und die Darstellung des Gegenteils verhilft bekanntlich am einfachsten zur Erkenntnis des Intendierten. Randbemerkung: Wenn im Vorhergehenden und Fortfolgenden das Wort „Ehe“ verwendet wird, ist dies gleichbedeutend mit Partnerschaft und Beziehung zu sehen.

Muster der Entstehung von Partnerschaftskonflikten

Die Ausgangssituation für die Entstehung von Konflikten in einer Ehe oder Partnerschaft ist in der Regel so: Zwei Menschen, die an sich ganz „honett und passabel“ sind, befinden sich in einer anfänglich harmonischen Beziehung. Aus einer Vielzahl an Gründen verwandelt sich dieser Zustand in einen unharmonischen bzw. unglücklichen Beziehungsmodus. Als Resultat ist Partner 1 streitlustig, leicht reizbar und aufbegehrend. Partner 2 dagegen höhnisch, distanziert und kalt. Das Ergebnis für die Partnerschaft ist eine „direkte Umkehrung der vorehelichen Werbehaltung“, die man als eine „zur Potenz erhobene Desillusionierung“ bezeichnen könne.

„An die Stelle phantasiewarmer Bejahung des anderen ist seine bedingungslose Verneinung getreten; die zuerst mit vielem Enthusiasmus versuchte Umformung nach dem ‚eigenen Bilde‘ ist mißlungen, – einer hadert jetzt mit dem anderen, mißt ihm alle ‚Schuld‘ bei und die ganze Ehe scheint nur mehr aus ‚Gift und Galle“ zu bestehen. Wer nun der Meinung wäre, es handele sich hier um zwei Menschen von unglaublich unvernünftiger Einstellung, befände sich auf dem Holzwege. Die beiden Schriften bezeugen zur Genüge, daß beide recht gebildete Personen sind, beide im Besitze sogar von praktischer Vernunft! Nein, nicht um mangelnde Verträglichkeit handelt es sich, nicht um Uneinsichtigkeit oder um besonders schwierige Menschen, – sondern wir haben hier einen Vorgang vor uns, der einer chemischen Reaktion ziemlich ähnlich ist. Zwei Teile Wasserstoff und ein Teil Sauerstoff ergeben, je nach dem Aggregatzustand, einmal Wasser, ein andermal Knallgas, – einmal also das ‚fließende‘ Element, dann das explosible Gemisch. Innerhalb des gesamtseelischen Bereichs der Ehe steht es nicht anders. Ist die Mischung richtig, so verläuft die Ehe friedlich; ist sie ‚aggregatmäßig‘ noch nicht auf dem Endzustande angelangt, so muß sie explosibel, mithin glücksgestört sein. Es kann dann keinen Ausgleich der Individualitäten, kein Spannungsausgleich stattfinden, es gibt immer ungelöste Probleme und Anlässe zu Auseinandersetzungen, man kann sich nicht ausstehen, man ‚explodiert‘ eben bei jeder Gelegenheit.“

Willy Bernert aus „Ehe und Handschrift“ (1948, S. 49)

Sind die mit dem unglücklichen Beziehungszustand verbundenen übersteigerten Affekte und oftmals sehr primitiven Eigenschaften der beiden Partner auch ihren Charaktereigenschaften entsprechend? Aus Bernert Sicht lautet die Antwort ganz klar: Nein. Es seien vielmehr „Reagenzformen der beiden Charaktere aufeinander“. Noch genauer: Es sei die „Zweiseitigkeit der Reagenzien als sprengendes Element“ der Ehe. Von dieser Musterdarstellung der unharmonischen und konflikthaften Beziehung gelangt Bernert zu seinen Lehrsätzen für eine gute Ehe.

Lehrsätze für eine gute Partnerschaft nach Bernert

  • In jeder Ehe stellt die Zweiseitigkeit der Reagenzen den wesentlichsten Faktor ihrer Harmonie oder Disharmonie dar.
  • Von der vorehelichen Bindung zur ehelichen führt der Weg über drei Reduktionsstufen der Charaktere der Partner:
    1. Rückkehr zum (endillusionierten) Echtcharakter
    2. Modifizierung zum eigentlichen Ehecharakter
    3. Bildung eines (sekundären) Reagenzcharakters
Seelenpartnerschaft

Was meint Bernet mit diesen auf Seite 51 zu findenden Lehrsätzen übersetzt in den heutigen Sprachkontext? Grundsätzlich betrachtet er die Ehe nicht als einen Vertrag, sondern als etwas, das umso reicher und tiefer wird, je mehr man zu seiner eigenen Persönlichkeit und der des Partners vordringt (Echtcharakter). In gewisser Weise bringt die Vertiefung der Partnerschaft die Aufgabe der Einzelexistenz mit sich, wodurch das Paar als eine Art Verschmelzung entsteht. Es handelt sich um die seelisch-geistige und sonstige innere Zusammengehörigkeit des Paars (Entwicklung des Ehecharakters mit Bildung eines Reagenzcharakters). Damit wäre der zweite Punkt inklusive seiner drei Reduktionsstufen „übersetzt“. Nun zum ersten Punkt (Zweiseitigkeit von Reagenzien), der von Folgendem handelt:

Die Kombination von Charaktereigenschaften

Es gab schon 1948 und noch heute zwei Muster nach denen sich ein Paar zusammenschließt: Entweder nach dem Motto „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Ungleichnamige Pole ziehen sich an“. Welches der beiden Muster für das jeweilige Paar zutrifft, „entscheidet letztlich der Grad der Erregbarkeit“ bei dem schwierigeren – oder wie Bernet es diplomatisch ausdrückt – „differenzierterem Partner“, was durch die Analyse der Handschriften einfach festzustellen ist. Das heißt, wenn die Eigenschaften des einen Partners so sind, dass größere Erregbarkeit, beträchtliche Eigenart etc. vorhanden sind, dann wird es laut Bernet für diesen Partner schwierig, gegensätzliche Auffassungen und Verhaltensweisen des anderen Partners zu dulden. Er benötigt einen Partner der ein hohes Maß an Charakterähnlichkeit aufweist. Dagegen sei für weniger charakterlich eigengeprägte Menschen oder von der Persönlichkeitsstruktur her sehr ausgeglichene Menschen diese Duldung der Gegenpoligkeit von Eigenschaften (oder Reagenzen) nicht nur gut zu vertragen, sondern auch wünschenswert. Warum? Aus Gründen der „Anregung und Führungsbedürftigkeit“.

Selbstverständlich muss bei jeder Variante im Voraus untersucht werden, wie hoch das Maß an Affektbereitschaft (Reizbarkeit, Empfindlichkeit, etc.) ist. Denn aller Beachtung von Lehrsätzen zum Trotz würde sich bei einem stark ausgeprägten Maße an Affekten bei beiden Partnern im Laufe der Zeit eine Beziehungstragödie entwickeln. Der weniger affektive Partner muss laut Bernet die stark ausgeprägten Affekte des anderen absorbieren, damit kein „Knalleffekt“ entsteht, der die Langlebigkeit einer Partnerschaft gefährden würde.

Der Graphologe muss gemäß Bernert also die Kombination von Eigenschaften im Paarzustand, nicht die jeweiligen Eigenschaften des Einzelnen betrachten. Es gibt auch keine per se guten oder schlechten Eigenschaften, sondern nur im Zusammenwirken kann man in einer Partnerschaftsanalyse eine Bewertung vornehmen und einen Schluss auf die Langlebigkeit wagen. Es werden also nicht isolierte kulturelle, geistige oder eingenartsgeprägte Gesichtspunkte betrachtet. Der Handschriftuntersucher analysiert vielmehr die vorhandenen Eigenschaften und Affekte auf ihre gegenseitige Vereinbarkeit.

Handschriftbeispiel eines Ehepaars

Die nachfolgenden beiden Handschriftproben stammen vom ehemaligen Kanzlerehepaar Hannelore und Helmut Kohl. Sie stellen ein Beispiel für Bernerts Theorien dar: Es handelt sich um ein Paar, das hinsichtlich des seelischen Empfindens nach der Maxime „Ungleichnamige Pole ziehen sich an“ funktionierte. Helmut war dabei der „differenziertere“ Partner mit einem höheren Maß an Affektbereitschaft als die auf Güte und Versöhnlichkeit ausgerichtete Hannelore. Sie konnte die seelischen Gegensätzlichkeiten „absorbieren“. Helmut musste nicht mit Hannelores Widersprüchen kämpfen und brauchte kein hohes Maß an Konfliktpotential durch sie erwarten. Ohne auf Details einzugehen, was aufgrund des unzureichenden Schriftmaterials auch nicht möglich ist, lassen sich in geistiger und lebenspraktischer Hinsicht dagegen einige Aspekte ausmachen, bei denen das Paar nach dem Motto „gleich und gleich gesellt sich gern“ funktionierte.

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