Beim Wort „Spiegelschrift“ kommt einem meist Leonardo da Vinci in den Sinn, der alle seine Aufzeichnungen auf diese Weise verfasste. Da Vinci war Linkshänder, weshalb einige der Auffassung sind, dass es für ihn einfacher war, von rechts nach links zu schreiben. Andere dagegen sehen es als eine Art „Verschlüsselungsmethode“ seiner Notizen an, damit kirchliche Würdenträger ihm aufgrund seiner Untersuchungen keine Schwierigkeiten bereiten würden. Fragen kann man ihn leider nicht mehr, warum er auch nach seinem 7. Lebensjahr noch die Spiegelschrift einsetzte.
Dr. med Johannes Werle schreibt auf befund.net, dass ein Mensch unter 6500 diese Begabung aufweise. Tatsächlich seien es primär Linkshänder. „Spiegelschrift ist dabei ein motorisches Phänomen oder geht auf eine Störung in der Planung der Motorik zurück, es entspricht nicht primär einer kognitiven Störung. Möglicherweise handelt es sich um eine Minderung oder einen Verlust einer intra- und/oder interhemispherischen kortikalen Hemmung.“
Ein weiteres Phänomen ist, dass Spiegelschrift oft bei rechts- und linkshändigen Kindern im Vorschulalter vorkommt, weil sich das Gehirn noch im Entwicklungsprozess befindet. Wenn es sich aber ab dem 6./7. Lebensjahr noch nicht verflüchtigt hat, liegt es an der Linkshändigkeit. Allerdings kann man das auch üben.
Meine Mutter ist vor 42 Jahren auch zeitweise an mir verzweifelt, weil ich beim Schreiben lernen z. B. statt „b“ ein „d“ schrieb und umgekehrt, die „6“ als „9“ notierte und vice versa. Trotz Übung ist ein Rest davon aufgrund meiner Linkshändigkeit geblieben: Ich sage oft „links“ und meine „rechts“ bzw. umgekehrt. Bei zwei- und mehrstelligen Zahlen beginne ich beim Schreiben am liebsten von rechts: Wenn ich 42 schreibe, beginne ich mit der 2 und setze danach die 4 davor. Wenn mir jemand mehrstellige Zahlen diktiert, höre ich diese am liebsten einzeln. Die Zahl 156 sagt man mir am besten auf diese Weise, damit es am Ende korrekt notiert ist: eins, fünf, sechs.
Also, liebe Eltern, kein Grund zur Sorge, mit Linkshändigkeit und dem Phänomen des Spiegelns kann man gut leben.