Die Vorstellung, dass graphologische Gutachten nur dann erstellt werden, wenn eine Bewerbung mit einem „handschriftlichen Lebenslauf“ erfolgt, ist sehr altertümlich. Graphologen erhalten Handschriften direkt aus dem Bewerbungsprozess: Der Bewerber muss vor Ort eine Aufgabe handschriftlich lösen oder eine Schriftprobe für den Graphologen verfassen. Mit Einwilligung des Schreibers wird dieses Material zur Arbeitsgrundlage des Graphologen. Nun stellen sich Unternehmer, Personaler und auch die Bewerber selbst oft die Frage: Ist denn ein graphologisches Gutachten überhaupt zulässig? Gibt es hier irgendwelche juristischen Probleme?
In der Rechtsprechung und der juristischen Literatur ist seit längerer Zeit unbestritten, daß graphologische Gutachten nur mit der Einwilligung des Begutachteten eingeholt werden dürfen. Das gilt uneingeschränkt für den beruflichen wie privaten Bereich. Besonders im Bewerbungskontext müssen die Grundlagen des Arbeitsrechts beachtet werden (vgl. hierzu Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG).
Im Rahmen der Betriebspsychologie verlangen der Respekt gegenüber Mitmenschen und deren Persönlichkeitsrechten, die Anforderungen der deutschen Datenschutzgesetze und auch die Relevanz eines graphologischen Gutachtens, dass eine schriftpsychologische Auswertung sich an die Vorgaben des Arbeitsgebers hält. Ein Graphologe erstellt somit erst ein Gutachten, wenn die Anforderungen mit dem Arbeitgeber im Rahmen der Bewerberauswahl oder Personalentwicklung geklärt wurden. Dabei sind nicht nur die persönlichen Fähigkeiten im Abgleich mit der bereits besetzten oder zu besetzenden Stelle, sondern auch die jeweilige Betriebskultur und das Arbeitsumfeld von Bedeutung. Hierauf – und nur hierauf – geht ein graphologisches bzw. schriftpsychologisches Gutachten ein, sodass ein Bewerber keine Sorge haben muss. Er kann jederzeit das Ergebnis sehen und es ist in der Regel auch Gesprächsgrundlage, damit das Ziel der beruflichen Entwicklung mittels Feedback-Kultur erreicht wird.